Ob Prinzessin, Polizist, Arzt oder Pirat, nahezu jeder Erwachsene erinnert sich an die Helden seiner Kindheitstage. Häufig ist die Erinnerung daran mit zahlreichen eigenen Geschichten und Erlebnissen verbunden. Ob abstrakte Fantasiegeschichten oder alltagsgetreue Mutter-Vater-Kind Situationen, sobald eine Rollenverteilung stattfindet, gelten die Voraussetzungen für Rollenspiele als erfüllt.

Doch wobei handelt es sich bei einem Rollenspiel genau und welchen Einfluss nimmt dies auf die kindliche Entwicklung?

Was ist ein Rollenspiel?

In einem Rollenspiel wird auf Basis von reichlich Fantasie eine Geschichte erlebt oder erzählt. Die Spielenden führen ihre Charaktere durch eine erdachte Welt. Dabei schlüpfen sie in die Rolle von frei erfundenen Persönlichkeiten, realen Menschen, Tieren oder sogar Gegenständen. Die eigene Rolle wird aktiv erlebt und kann jederzeit durch eigenes Handeln beeinflusst werden. Für gewöhnlich werden Rollenspiele in einer Gruppe aus mehreren Mitspielern durchgeführt. Unter Einsatz entsprechender Spielmaterialien wie zum Beispiel Puppen oder Stofftieren können Rollenspiele auch von nur einer Person umgesetzt werden.

Warum sind Rollenspiele für Kinder so wichtig?

Rollenspiele geben Kindern die Möglichkeit, die Welt der Erwachsenen greifbar zu erleben. Aus verschiedenen Perspektiven lassen sich alltägliche Begebenheiten nachspielen, ergänzen oder neu erfinden. Durch die Rollenverteilung lernen Kinder, die Welt durch andere Augen zu sehen. Dadurch fällt es ihnen meist deutlich leichter, ein Verständnis für bestimmte Regeln zu entwickeln sowie auf Gefühle anderer einzugehen.

Des Weiteren setzen harmonische Rollenspiele voraus, dass sich die teilnehmenden Spieler auf einen Spielablauf einigen. Gegenseitige Toleranz, das Einfügen in eine Gruppe sowie die Einhaltung vereinbarter Regeln stärken das Sozialverhalten von Kindern untereinander. Damit das Spiel für alle Beteiligten zufriedenstellend verläuft, ist es neben Toleranz auch wichtig, die eigene Meinung zu vertreten. Die Entwicklung einzelner Rollenspiele trägt konkret dazu bei, Sozialverhalten zu fördern.

Außerdem bieten Rollenspiele die uneingeschränkte Freiheit, einen eigenen Handlungsverlauf zu kreieren. Dadurch wird einerseits die eigene Kreativität angeregt und andererseits lassen sich innere Konflikte und Ängste auf diesem Weg bewältigen. Rollenspiele bieten Kindern ausreichend Raum, erteilte Verbote mit Hilfe von auserwählten Charakteren zu brechen. Ängste lassen sich durch Nachahmung ebenfalls nachweislich leichter bewältigen. Häufig ist zu beobachten, dass Kinder eigens erlebte Ereignisse in ihre Rollenspiele integrieren. Bei genauerem Hinsehen lassen sich hieraus Rückschlüsse auf bestehende Sorgen oder Nöte ziehen.
Gemeinsames Spielen und Interagieren unterstützt zudem die sprachliche Ausdrucksfähigkeit von Kindern untereinander. Da Rollenspiele komplexe Handlungen erfordern, sind auch Fortschritte in Körpersprache und Motorik in Bezug auf die kindliche Entwicklung zu erkennen.

Ab welchem Alter sind Rollenspiele sinnvoll?

Mit etwa 2 Jahren beginnen Kinder damit, im Alleinspiel einzelne Alltagshandlungen nachzuahmen. Die ersten Sandkuchen werden gebacken und die Puppe erfährt mütterliche Zuneigung. Auch wenn es sich bei diesen Handlungen noch um kein klassisches Rollenspiel handelt, sind in diesem Verhalten doch vorbereitende Grundzüge erkennbar.

Sobald sich Kinder im Alter von rund 3 Jahren als eigenständige Persönlichkeit entdecken, ist meist auch das Interesse an anderen Kindern geweckt. Nun entstehen verstärkt Interaktionen miteinander, das Spielen in Eigenregie lässt zunehmend nach. Damit sich die ersten einfachen Rollenspiele überhaupt umsetzen lassen, bedarf es grundlegende kommunikative Fähigkeiten, die erste Absprachen ermöglichen. Komplexere Handlungen, die sich bereits vor Spielbeginn vorausschauend planen lassen, entwickeln sich meist im Laufe des vierten Lebensjahres. Aufgrund des gestalterischen Freiraums erfreuen sich Rollenspiele ab etwa drei Jahren bis weit in das Grundschulalter zunehmender Beliebtheit.

Wie können die Eltern Rollenspiele fördern?

Sind Kinder in ein Rollenspiel vertieft, erleben sie ihre eigens kreierten Handlungen auf emotionaler Gefühlsebene. Wird ein Elternteil darum gebeten, sich vorübergehend als Patient zur Verfügung zu stellen, sollte diese Aufforderung möglichst nicht zurückgewiesen werden. Letztendlich ist es das kreative Miteinander, wodurch sich das kindliche Sozialverhalten fördern lässt.

Um der Kreativität in Rollenspielen möglichst viel Freiraum zu gewähren, sollten Eltern ihren Kindern die Nutzung unterschiedlicher Räumlichkeiten gewähren. In der Küche, auf dem Flur oder im Garten sind die Voraussetzungen für bestimmte Rollenspiele häufig günstiger als im Spielzimmer. Verschiedene Gegenstände wie Kaufmannsladen oder Kinderküche regen die kindliche Fantasie zudem an. Allerdings sollte die Ausstattung hier nicht zu umfangreich ausfallen, da zu detaillierte Gegenstände die Fantasie von Kindern einschränken.

Weitaus beliebter sind hingegen einfache Requisiten, welche sich vielseitig umfunktionieren lassen. Hierfür sind vor allem alltägliche Dinge geeignet, die sich aus verschiedenen Gründen nicht mehr für den weiteren Gebrauch eignen. Besonders beliebt sind zum Beispiel, ausrangierte Handys, Schuhe, Taschen, Koffer, Hüte und Fotoapparate. Aber auch eine Verkleidungskiste gefüllt mit Kostümen oder alten Kleidungsstücken der Eltern findet häufig Gefallen.

Außerdem sind Kartons aller Art eine willkommene Möglichkeit, um Kulissen oder weitere Requisiten wie zum Beispiel einen Ritterhelm anzufertigen. Decken und Kissen kommen bei Kindern außerdem gut an, da sich diese flexibel in unzählige Rollenspiele integrieren lassen.

Da die kindliche Fantasie nahezu keine Grenzen kennt, gehören zu den Voraussetzungen für ein funktionierendes Rollenspiel vor allem ausreichend Platz in Kombination mit vielseitig nutzbaren einfachen Requisiten.